Interview mit Bernd Kaufmann, MIT Reinickendorf

Datum des Artikels 24.01.2023
Interview

Herr Kaufmann, sie sind als Unternehmer in der Immobilienbranche tätig, was genau bieten sie an, seit wann sind sie im Geschäft?
Ich bin seit 40 Jahren Immobilienunternehmer, zuvor war mein Vater in der gleichen Branche aktiv. Meine Erfahrungen reichen damit rund 50 Jahre zurück. Ich betreibe Handel mit Immobilien und habe auch gelegentlich eigene Projekte entwickelt. Das Kerngeschäft ist aber das Vermieten und Verwalten von Gewerbeimmobilien und Mietshäusern.

Herr Kaufmann, sie sind als Unternehmer in der Immobilienbranche tätig, was genau bieten sie an, seit wann sind sie im Geschäft?
Ich bin seit 40 Jahren Immobilienunternehmer, zuvor war mein Vater in der gleichen Branche aktiv. Meine Erfahrungen reichen damit rund 50 Jahre zurück. Ich betreibe Handel mit Immobilien und habe auch gelegentlich eigene Projekte entwickelt. Das Kerngeschäft ist aber das Vermieten und Verwalten von Gewerbeimmobilien und Mietshäusern.

In welchem preislichen Bereich sind sie aktiv?
Bei den Mietshäusern hauptsächlich in einfacher und mittlerer Lage. Der Quadratmeterpreis liegt im Schnitt 8 bis 9 Euro kalt. Luxusimmobilien habe ich nicht, die können sich in Berlin nur wenige Leute leisten. Der höherpreisige Bereich beginnt in Berlin schon bei 10-12 Euro netto kalt. Größere Gewinne waren aber in den letzten Jahren mit dem Verkauf von Grundstücken in guter Lage möglich. Da kann es passieren, dass der Preis sich seit 2012 von 1.000 Euro auf 7.000 Euro versiebenfacht.

Das hört sich nach einfach verdientem Geld an.
Der Verkauf solcher Objekte kann auch viel Kraft und Nerven kosten. Unser Sicherheitschef ist Stammgast auf unserem Grundstück, weil sich dahinter ein Nachtklub befindet, mit allen Nebenerscheinungen: Laute Musik, Drogenhandel, Sperrmüll. Und das Ordnungsamt fordert mich als Grundstückseigentümer auf, den Sperrmüll wegzuräumen, den andere dort einfach abgeladen haben.

Was waren die Highlights aus einem knappen halben Jahrhundert Immobilienbranche?
Direkt nach der Wende haben wir ein Projekt mit Hotel- und Apartmentanlagen aus dem Boden gestampft auf der Ferieninsel Rügen bei Lobbe-Göhren. Die Eigentümer waren nicht gleich begeistert von mir als damals jungen Unternehmer aus dem Westen. Zuallererst musste ich Vertrauen aufbauen. Am Ende hat es aber sehr gut funktioniert.

Wenn sie die Jahre Revue passieren lassen, wie hat sich die Branche verändert?
Die Politik ist übergriffiger geworden und zwar stets zu Lasten der Eigentümer. Der furchtbare Mietendeckel war nur das letzte Beispiel und ist zu Recht gescheitert. Die Eigentümer, auch die kleinen, sollen immer strengere Klima- und Dämmvorgaben einhalten. An den eigenen Immobilien macht der Staat aber nichts. Klimaschutz und Dämmung muss sein, aber im Rahmen. Bei einem neuen Mietshaus wird heutzutage natürlich nach hohen Standards gebaut, aber beim Altbau kommt man an Grenzen.

Gibt es weitere, für die Mieterstadt Berlin wichtige Entwicklungen?
Auch der Mieterschutz wird immer strenger. Insbesondere seit einigen Jahren mit Vorschlägen wie dem Mietendeckel oder Vorschlägen, z.B. Mieterhöhungen zu begrenzen, obwohl uns die Kosten für die Häuser um die Ohren fliegen. So wird es keine vernünftigen Modernisierung geben! Problematisch sind auch die Vorgaben zur energetischen Modernisierung, die von der Politik, wie immer, schlecht durchdacht wurden. Die Politik macht sich auch keine Gedanken darüber, was wir als Vermieter immer wieder erleben müssen. Erst kürzlich habe ich eine Wohnung nach fünf Jahren Vermietung zurückbekommen, da war eine komplette Renovierung fällig. Die Miete der ganzen fünf Jahre ging dafür drauf. Kleinere Vermieter mit vielleicht nur 1-2 Wohnungen können das nicht stemmen. Die Großen können es verteilen, aber es tut trotzdem weh.

Offenbar gibt es nur wenig Unterstützung. Wie konnte es dazu kommen?
An diesen Entwicklungen trägt die Politik die Schuld, aber auch die Justiz hat aus meiner Sicht zunehmend eine Schlagseite und berücksichtigt die Interessen der Vermieter nicht mehr ausreichend. Ein Mieter, der es darauf ankommen lässt, kann dem Vermieter heute auf der Nase herumtanzen. Es sind zwar nur wenige Mieter, auf die das zutrifft, in einem größeren Mietshaus ist aber meist ein Fall dabei. Mir ist es mal passiert, dass andere Mieter eine Initiative gegründet haben, damit ich einem aggressiven Mieter kündige. Gottlob hatte ich so etwas in all den Jahren, in denen ich das Geschäft betreibe, erst einmal. Ich versuche, solche Fälle konsequent anzugehen. Aber im Gegenzug wissen die Mieter auch, dass sie sich auf uns verlassen können. Wenn ein Problem da ist, lösen wir es gemeinsam.

Woher kommen die Probleme, eher aus der Bundespolitik oder Landespolitik?
Da nehmen sich beide nicht viel. Leider sind fast nur noch Berufspolitiker unterwegs. Früher gab in den Parteien noch z.B. Maurer oder Kaufleute, die wussten was Arbeit ist und wovon sie reden.
Wir haben das Thema Klima- und Dämmvorschriften schon gestreift. Haben die strengen Vorgaben Auswirkungen auf ihre Projekte, sind ihre Immobilien alle schon auf dem neuesten Stand?
Ich habe schon vor Jahrzenten gedämmt und über die Jahre ohne Vorgaben viel Energie eingespart, aber das zählt nicht mehr. Ich werde jetzt systematisch die Gebäude mit einer Wärmebildkamera prüfen, wo zusätzliche Dämmung sinnvoll ist. Sicherlich muss man einiges machen, aber man sollte die Kirche im Dorf lassen. Kurzfristig sind die Dämmmaterialien ohnehin nicht in der nötigen Menge verfügbar, es gibt enorme Lieferfristen!

Fordern ihre Mieter mehr Klimaschutz?
Der Druck kommt aus der Politik und vom Mieterverein. Die Mieter fragen nicht nach Dämmung, die wollen meist nicht mal den Energieausweis sehen.
Welche Investitionen kämen auf sie zu, wenn sie ihre Häuser auf den neuesten Standard bringen wollten? Lohnen sich die Investitionen für sie?
Lohnen tut es sich für mich nicht. Meine Häuser haben ja schon einen vernünftigen Dämmstandard. Von meinem Mehraufwand als Vermieter könnte ich nur wenig auf die Mieter umlegen. Letztlich müsste ich aus der eigenen Tasche draufzahlen. Bei einem typischen Mietshaus mit 30-40 Wohneinheiten reden wir bei Dämmung und neuen Fenstern schnell von einer halben Mio. Investitionssumme.

Wirken sich die Inflation und Zinsentwicklung auf das Geschäft aus?
Seit einiger Zeit fallen die Zinsen sehr ins Gewicht. Anfang 2022 hat die Bank 0,8% verlangt, jetzt sind wir bei 4,5%. Weitergeben ist aber nur zum Teil möglich, deshalb macht sich der Zinsanstieg so stark bemerkbar.
Seit einigen Jahren haben wir in Berlin wieder Wohnungsnot. Wie ist man früher mit diesem Problem umgegangen?
In den 70er- und 80er-Jahren hat man sehr viel mehr gebaut. Heute setzt sich die Regierung vor allem hohe Ziele und verfehlt diese dann. Statt der angestrebten 400.000 Wohnungen im Jahr werden aktuell nur 290.000 gebaut. Mit dem Anstieg der Baukosten und der Zinsen bauen viele erstmal gar nicht mehr. Was angefangen ist, wird fertiggebaut, aber neue Projekte stehen alle auf der Kippe.

Hat der Staat früher besser gefördert?
Ich würde eher sagen, früher hat der Markt besser funktioniert. Die Leute haben gebaut und ihre Mieten dafür am Markt bekommen. Es gab weniger Regulierung. Heute gibt es auch viel mehr Stress mit dem Bauamt. Früher gab es in den Bauämtern mehr Expertise.

Welche Rolle spielt der sprichwörtliche Fachkräftemangel?
Es fehlen nicht nur Fachkräfte, sondern auch Hilfskräfte auf den Baustellen. Das wird zu sehr verallgemeinert als Fachkräftemangel. Wir haben in Deutschland weiterhin zu viele Leute, die nicht arbeiten wollen.

Sie sind ein Vollblutunternehmer, trifft das auf Wertschätzung in der Gesellschaft?
Früher hat man gesagt, Eigentum verpflichtet. Vermögen über lange Zeit zu halten und auch ein bisschen zu vermehren ist nicht so einfach. Aber das wird von der Gesellschaft nicht mehr geschätzt. Die anderen Leute sehen nur immer, dass man ein großes Auto fährt oder schön in den Urlaub fährt. Aber die Leute sehen nicht, was da wirklich hinter steckt.

Viel Arbeit?
Als Unternehmer arbeitet man viel. Vor allem geht man aber hohe Risiken ein, die einen nachts oft nicht schlafen lassen. Ständig gibt es neue Probleme zu lösen.

Gibt es Rückendeckung aus der Politik?
Das Unternehmertum wird von Gesellschaft und Politik nicht mehr geschätzt. Es gibt zu wenig Unternehmer in den Parlamenten, weil die Unternehmer was tun müssen, um ihr Geld zu verdienen. Früher war es eine Ehre, für das eigene Land zu arbeiten, heute ist Politik zu oft der Hauptbroterwerb.

Wie lange planen sie, noch in der Immobilienbranche tätig zu sein?
Mit 67, bald 68 ist für mich die Zeit gekommen, langsam einen Gang runterzuschalten.
Unser Unternehmen und sämtliche Immobilien wurden in die Kaufmann Meine Söhne habe ich ins Unternehmen eingebunden. Jetzt ist die nächste Generation am Zug.